Neurostimulation bei Alzheimer
Kann diese innovative Therapie kognitive Funktionen bei Alzheimer-Demenz verbessern?
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung, die mit 60-80% die Hauptursache für Demenz darstellt. Sie beeinträchtigt das Gedächtnis, das Verhalten, das Denken und die sozialen Fähigkeiten der Betroffenen. Neue innovative Therapien setzen auf die Neurostimulation bei Alzheimer-Demenz, die als nicht-invasive und nicht-medikamentöse Methode vielversprechende Möglichkeiten bietet, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
Insbesondere die transkranielle Neurostimulation mit Wechselstrom (tACS) und Gleichstrom (tDCS) können in frühen Stadien der Alzheimer-Demenz eingesetzt werden, um die Symptome der Erkrankung zu lindern und den schädlichen Krankheitskreislauf zu durchbrechen oder zumindest zu verlangsamen. Die Neurostimulation bei Alzheimer-Demenz zielt darauf ab, die neuronalen Funktionen wiederherzustellen und kognitive Defizite zu mildern.



Alzheimer-Krankheit
Pathophysiologie und Auswirkungen
Die Alzheimer-Krankheit ist gekennzeichnet durch die Ablagerung von Amyloid-beta (Aβ) Peptiden ausserhalb der Nervenzellen und phosphorylierten Tau-Proteinen (p-tau) innerhalb der Zellen, die in Form von Plaques und neurofibrillären Bündeln das Gehirn schädigen. Diese pathologischen Prozesse führen zu Störungen der neuronalen Oszillationen, Neurotoxizität, Gehirnatrophie und fortschreitenden kognitiven Defiziten.1
Insbesondere wirkt die krankhafte Ansammlung von Amyloid β und p-Tau toxisch auf parvalbumin-positive (PV+) Interneurone2, die für eine normale Gamma-Oszillation im Gehirn essenziell sind. Störungen des Gamma-Rhythmus verursachen eine Übererregung glutamaterger Neuronen und bringen das Gleichgewicht von Erregung und Hemmung (E/I) aus dem Gleichgewicht. Dieses Ungleichgewicht führt zu Exzitotoxizität – eine gefährliche Überstimulation der Nervenzellen durch überschüssiges Calcium3 – sowie zur Auslösung entzündlicher Prozesse4. Dies wird von einer eingeschränkten zerebralen Durchblutung5,6 und einem verminderten Gehirnstoffwechsel begleitet, was den kognitiven Verfall weiter beschleunigt7,8.
Diese miteinander verbundenen Faktoren verstärken sich in einem Teufelskreis, der zur zunehmenden Zerstörung neuronaler Strukturen, eingeschränkter funktioneller Vernetzung und schliesslich zum Zelltod führt.
Hirnstimulation bei Alzheimer: Therapieverfahren und Wirksamkeit
Transkranielle Wechselstromstimulation (tACS) als innovative Therapie bei Alzheimer
Die transkranielle Wechselstromstimulation (Hirnstimulation bei Alzheimer) ist eine vielversprechende alternative Behandlung bei Alzheimer, die gezielt bei 40 Hz (Gammabandfrequenz) angewandt wird, um die gestörten Gamma-Oszillationen zu normalisieren. Die Therapie zielt darauf ab, das Gleichgewicht zwischen neuronaler Erregbarkeit und Hemmung (E/I) wiederherzustellen und die Synchronisation der parvalbumin-positiven Interneurone (PV-IN) zu fördern9,10,11.
Durch die Wiederherstellung des Gleichgewichts und der neuronalen Synchronität kann die personalisierte Neurostimulation den krankhaften Prozess unterbrechen. Insbesondere im Default Mode Netzwerk (DMN)12, das für Gedächtnis, Aufmerksamkeit und weitere kognitive Funktionen zentral ist, werden durch tACS positive Effekte auf die neuronale Aktivität beobachtet. Veränderungen im DMN sind stark mit Gedächtnisverlust, Aufmerksamkeitsstörungen und Neurotoxizität verbunden.13,14,15
Gleichstromstimulation (tDCS) als ergänzende Behandlung bei Alzheimer
Eine weitere bewährte alternative Behandlung bei Alzheimer ist die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS). Im Gegensatz zur Wechselstromstimulation wird bei tDCS ein konstanter Strom angewendet, der je nach Flussrichtung die Erregbarkeit der Nervenzellen moduliert – entweder durch Anregung oder Hemmung.
Die gezielte Anwendung von tDCS als ergänzende Behandlung bei Alzheimer in frühen Stadien hat in klinischen Studien zu Verbesserungen verschiedener kognitiver Funktionen geführt, darunter Gedächtnis16,17,18, Sprache, Aufmerksamkeit19 und räumliche Orientierung20. Die Behandlung ist nicht invasiv, gut verträglich und kann bequem ambulant durchgeführt werden.
Personalisierte Neurostimulation
Vorteile und Ausblick
Die Neurostimulation bei Alzheimer-Demenz stellt eine vielversprechende ergänzende Behandlung bei Alzheimer zu bestehenden Therapien dar. Durch die nicht-medikamentöse, nicht-invasive Hirnstimulation bei Alzheimer können schädliche zelluläre Prozesse unterbrochen und neuronale Netzwerke gestärkt werden.
Die Schweizer Neuentwicklung Hirnstimulator Miamind® wird im Rahmen klinischer Studien untersucht und hat das Potential dazu beizutragen, die Lebensqualität von Alzheimer-Patienten zu verbessern, insbesondere in frühen Krankheitsstadien. Die personalisierte Neurostimulation ermöglicht dabei eine individuell angepasste Behandlung, die als alternative oder ergänzende Behandlung bei Alzheimer eingesetzt werden kann.
Die aktuellen Forschungsergebnisse zu tACS und tDCS sind vielversprechend, wenngleich weitere klinische Studien nötig sind, um die optimale Anwendung und Langzeitwirkungen genau zu untersuchen.


Schweizer Neuentwicklung: Der personalisierte Miamind®
Neurostimulator
Als Schweizer Neuentwicklung hat das noch junge Basler Neurologie-Start-Up Bottneuro, ein Spin-Off der Universität Basel, den weltweit ersten vollständig personalisierten Neurostimulator zur Heimanwendung entwickelt. Der Miamind® Neurostimulator ist ein Durchbruch in der personalisierten Neurostimulation, da er basierend auf individuellen MRT-Scans massgeschneiderte 3D-gedruckte Neurostimulator-Caps mit bis zu 34 präzise platzierten Elektroden bietet.
Diese innovative, nicht-invasive Therapie ermöglicht es, spezifische Hirnregionen zu stimulieren, die beispielsweise im Falle einer Alzheimer-Erkrankung betroffen sind. Die personalisierte Neurostimulation berücksichtigt dabei die individuellen anatomischen Unterschiede jedes Patienten und kann als ergänzende Anwendung bei Alzheimer zu herkömmlichen Therapien eingesetzt werden.



FAQ: Neurostimulation bei Alzheimer
Häufige Fragen
Wann spricht man von Demenz und wann von Alzheimer?
Demenz ist der Oberbegriff für etwa 50 verschiedene Erkrankungen, die zu fortschreitendem Verlust der geistigen Fähigkeiten führen. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und macht 60-80% aller Demenzfälle aus. Jeder Alzheimer-Patient hat eine Demenz, aber nicht jeder Demenz-Patient hat Alzheimer.
Was versteht man unter Neurostimulation bei Alzheimer?
Neurostimulation bei Alzheimer-Demenz bezeichnet Methoden, bei denen elektrische Impulse eingesetzt werden, um die Hirnfunktion bei Alzheimer-Patienten zu verbessern und kognitive Defizite zu mildern.
Welche Neurostimulation-Verfahren gibt es für Alzheimer?
Die wichtigsten Verfahren der Hirnstimulation bei Alzheimer sind die transkranielle Elektrostimulation mit Wechselstrom (tACS) und die Gleichstromstimulation (tDCS), die als innovative Therapien bei Alzheimer angesehen werden.
Ist Neurostimulation bei Alzheimer sicher?
Ja. Beide Verfahren sind nicht invasiv, gut verträglich und weisen wenige Nebenwirkungen auf. Besonders in frühen Stadien wird eine ergänzende Behandlung bei Alzheimer angeraten.
Kann Neurostimulation Alzheimer heilen?
Neurostimulation bei Alzheimer-Demenz kann die Erkrankung nicht heilen, aber sie bietet als alternative Behandlung bei Alzheimer eine Möglichkeit, Symptome zu verlangsamen und die kognitive Funktion zu unterstützen.
Was macht die Schweizer Neuentwicklung Miamind® Neurostimulator für Alzheimer besonders?
Die personalisierte Neurostimulation durch den Miamind® Neurostimulator ermöglicht erstmals eine vollständig individualisierte Hirnstimulation bei Alzheimer basierend auf patientenspezifischen MRT-Scans und 3D-gedruckten Behandlungskappen.
References
Potential Clinical Applications
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